Missbrauch oder Trauma

 

Ja, ich zähle mich mittlerweile auch dazu - zu den "Überlebenden",

...und zwar deshalb, weil ich gelernt habe, mich nicht ständig schuldig zu fühlen, was mir passiert ist und viele meiner Verhaltensmuster als Überlebensstrategie sehe und immer noch dabei bin zu lernen, sie auch als solche zu respektieren. Und Mitgefühl für mein inneres Kind entwickeln konnte.

 

Am Anfang meiner Pubertät erlebte ich einen Missbrauch.

Einige Gefühle sind bis heute noch nicht in mein Bewusstsein gelangt, denn eines meiner Muster heißt Verdrängung. 

Ich veränderte mich...,ich bekam schulische Probleme, ich zog mich zurück. Ich begann meinen Körper zu hassen, je mehr er sich weiblich formte. Ich kreierte mir eine eigene Welt, wo ich mich geborgen fühlte, und ich tröstete mich mit Süßigkeiten.

 

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Heute weiß ich, dass meine Essprobleme für mich eine Schutzfunktion sind. Mit zunehmender Pubertät zog ich mich immer mehr in mich zurück, konnte kaum Gefühle äußern, außer Weinen..., und manchmal konnte ich noch nicht einmal erklären, warum ich weinte.

Ich hatte gelernt, Unschönes zu vertuschen, genauso, wie es mir meine Eltern damals vorlebten.

Wie schon erwähnt, ich wurde Meister der Verdrängung, aber ich verdrängte nicht nur meinen Missbrauch, sondern auch meine Bedürfnisse und meine Gefühle. Doch der Körper merkt sich, was das Bewusstsein vergessen will.

Ich sprach mit niemanden darüber, sondern "fraß" weiterhin in mich hinein.

Heute denke ich oft darüber nach, wie mein Leben ohne dieses Trauma verlaufen wäre?

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Durch Teilnahme an einer Gruppe, die sich mit dem Leben und dem Tod auseinander setzte, "kochte plötzlich mein Topf über", nachdem ich doch über dreißig Jahre lang erfolgreich den Deckel mit allen Kräften zugepresst halten konnte.

Ich rasselte total in mein Trauma hinein, ich erlebte das Nachher genau wie damals. Ich verlor den Boden unter den Füßen, verwechselte Realität mit meinen Gedanken und Gefühlen und misstraute jedem, der mir nur einen Ansatz an Hilfestellung geben wollte. Meine Projektionen verselbstständigten sich, ich bekam Panikattacken und zog mich noch mehr zurück. Durch einiges Zureden suchte ich mir professionelle Hilfe, scheiterte jedoch schon im Versuch, da ich mich nicht öffnen konnte.

Und wieder fand der Deckel seinen Platz auf dem Topf.

 

Er explodierte abermals, als mein damaliger Freund meine Tochter (sie war 12) sexuell belästigte, als ich mich den ersten Tag in Kur befand.

Er hatte es vorher schon mehrmals versucht, meine Tochter jedoch schwieg. Er verstand es, sie unter Druck zu setzten. Irgendwann fing sie an zu ritzen (sie ritzte sich die Haut an den Armen auf), aber auch dies erkannte ich nicht als Hilferuf, sondern schob es auf eine nicht erfüllte Verliebtheit. War es Blindheit, um mit dem eigenen Missbrauch nicht konfrontiert zu werden?

Ich brauchte ganze vier Wochen, um mit meinem Therapeuten darüber zu sprechen, meine Schuldgefühle und meine Scham hinderten mich, aber in mir brodelte es. Er bot mir an, meine Tochter zu mir zu holen, und wir führten ein Gespräch mit zwei Therapeuten. Meinen Missbrauch jedoch verschwieg ich.

Ich realisierte damals noch nicht, dass ich dadurch anfing, auch mein Trauma langsam zu bearbeiten.

Weil es immer wieder zum Thema für mich wurde, entschloss ich mich fünf Jahre später meinen Missbrauch während einer weiteren Kurmaßnahme gezielt zu bearbeiten. Und wieder plumpste ich in mein Trauma hinein, geriet in Panik, ging in Schock und Scham und verlor die Kontrolle. Obwohl ich einige Gesprächsstunden bei einer Therapeutin nahm, hatte ich nicht das Gefühl aufgefangen zu werden, sondern ich fühlte mich mit meiner Thematik und dem Vorfall alleingelassen. 

Mir wurde klar, dass mich eine Gesprächstherapie auf die herkömmliche Art nicht weiterbringen würde, im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass meine Verletzungen noch zunahmen. 

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Ich hatte schon öfter von der Trauma-Gruppe bei Prabha gehört, eine Therapeutin, die sich schon lange Jahre mit dem Thema Missbrauch auseinander setzt. Es kostete mich einiges an Kraft, aber ich meldete mich zu dieser fünftägigen Gruppe an.

Mit diversen Übungen und ihrer überaus einfühlsamen Arbeit wurden wir wieder durch unser Trauma geführt, manchen wurde es dadurch sogar zum ersten Mal bewusst, und es gelang Prabha immer, uns das Gefühl zu geben, den Boden nicht zu verlieren, und im Hier und Jetzt zu bleiben. Es war eine harte Arbeit, einige Teilnehmer, wie auch ich, meinten die Gruppe abbrechen zu müssen, aber auch hier gelang es ihr, die Leute als auch die Energie zusammen zu halten. Es tat gut mit vielen Betroffenen zusammen zu  arbeiten und sich auszutauschen, und ich bin dankbar, die Gelegenheit gehabt zu haben, daran teilzunehmen.

Denn ich fühle, dass ich einige Schrittchen weitergekommen bin.

Auch fand ich dadurch den Mut ein heilendes Gespräch mit meiner Tochter über ihren Missbrauch zu führen.

 

Und ich empfehle jedem, der sich mit dieser Thematik auseinandersetzen muss, an einer Trauma-Gruppe bei Prabha teilzunehmen!

 

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